Wenn Hamster und Großväter sterben (Teil 1)

diese  zweiteilige Geschichte entstand aus einer Idee des VDT Duisburg und spiegelt meine privaten und beruflichen Erfahrungen wieder.  Lars- Enrico mit seinem  Goldhamster Otto, dem Großvater Paul und dem Rest der Familie  sind frei erfunden. Diese Menschen erzählen davon, was geschieht, wenn wir den Tod verdrängen. Die Eltern von Lars – Enrico glauben, dass verdrängen der richtige Weg ist, mit den Dingen fertig zu werden. Sie grenzen das Kind mit bester Absicht aus. Tod wird zum Tabu, dass Angst macht, weil es mit Unwissenheit und Trennung verbunden ist. Dieses wegschieben von sterben und Tod wird Lars-Enrico, der eigentlich offen für das Thema ist, von Erfahrung zu Erfahrung kultivieren. Solange, bis er so wie ich vor dreizehn Jahren bereit ist, den Tod in sein Leben zu integrieren.  

In Teil 2 der Geschichte erzähle ich, wie  Steffan mit dem Tod seines Kaninchen Milli und dem Sterben seines Opa Fritz fertig wird. Seine Eltern begleiten ihn dabei liebevoll und offen. Auf diese Weise wird Tod zu einem Anlass, der würdevoll gefeiert wird und der Steffan zu einem wichtigen Teil des Geschehens werden lässt. Im Abschied begegnet der Opa dem Jungen in seiner Innenwelt.

Lars- Enrico weinte, als sein Goldhamster Otto starb
Die Mutter griff die kleine Leiche mit einem Stück Küchenkrepp, brachte sie zum Müllschlucker und sagte: „Heul nicht, wir kaufen einen neuen!“ 

Goldhamster

Goldhamster, Foto pixelio

Zwei Tage danach war Otto II. da. Possierlich wie sein Vorgänger. Als Lars- Enricos Großvater Paul gestorben war, lief der Junge wochenlang verstört umher. Man hatte ihm mitgeteilt, dass der Opa im Krankenhaus liegt. Lars Enrico hatte die Unruhe verspürt, als man nach Blumen telefonierte und der Vater nur noch herummeckerte. Unter anderem darüber, dass „in diesem Haushalt ja nicht einmal eine schwarze Krawatte zu finden sei.“
Doch am Tag der Beisetzung wurde Lars-Enrico wie gewöhnlich zur Schule geschickt. Ein Klassenkamerad klärte den Achtjährigen auf, dass man seinen Opa eingrabe. Von seinen Eltern wußte der Zweitklässler, dass Opa jetzt im Himmel sei und freundlich auf sie alle herunter schaue.
Lars- Enrico stand nun da und fragte sich irritiert: „Ist mein Opa nun im Himmel oder haben sie ihn eingegraben?“ Während er immer trauriger wurde, dachte er: „Warum hat mir keiner gesagt, dass Opa krank ist und sterben muss?“

Nach der Abschiedsfeier hörten alle auf, von Opa Paul zu reden.
Lars Enrico fehlte der Mut, seine Fragen zu stellen. Eine Mauer aus stummem Schweigen schlug ihm entgegen. Wenige Tage später  bekundete eine Nachbarin ihr Beileid und fragte Lars-Enricos Mutter: „Wie geht es Ihnen jetzt ohne Ihren Vater und wie verkraftet es denn der kleine Lars, dass sein geliebter Opa nun verstorben ist?“ Die antwortete darauf: „Danke. Es geht uns gut. In unserer Familie wurde nie über Sterben und Tod geredet. Das halten wir jetzt auch so und ich finde, auch für unser Kind ist das ein guter Weg. Wir haben ihn deshalb auch in die Schule geschickt, anstatt ihn  mit zur Trauerfeier zu nehmen. Kinder mit so traurigen Sachen zu belasten, halten wir für verkehrt.“

Die Nachbarin war etwas sprachlos
und dachte nur: „Aber Fernsehen schaut der Lars- Enrico und sieht dabei bestimmt mehr als einen Toten pro Tag.“ An die Mutter des Jungen gewandt sagte sie nur noch: „Mein Mitgefühl ist mit Ihnen.“ 

Hier geht es zu Teil 2 der Geschichte

 

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