Sylvia Löhken tönt liebevoll und leise
Sehr zu meiner Freude erklärte sich die Expertin der leisen Töne, Dr. Sylvia Löhken, bereit mir in einem Gastinterview Rede und Antwort zu stehen. Sie hält Vorträge und schreibt Bücher über eines ihrer Lebensthemen: miteinander zu kommunizieren.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung formulierte es so:
„Intros und Extros: Norden und Süden der Persönlichkeit
Sylvia Löhken formuliert entscheidende Fragen auf dem Weg zum perfekten Biotop leiser Leute.“
Da ich die leisen Töne liebe
brachte uns das Gesetz der Resonanz wohl miteinander ins klingen. Zum ersten Mal via Twitter. Wir verfolgten uns lose in diesem Netzwerk und zwischerten uns hie und da etwas zu. Fanden so manchen der geäußerte Gedanken des Gegenübers so gut, das wir diese weiter verbreiteten. Eines Tages war der günstige Augenblick für die Intensivierung unseres Kontaktes gekommen. Xing machte es möglich und dafür bin ich dankbar.
Ich schätze Sylvia Löhken als einen authentischen Menschen, der lebt was er lehrt. Jemand, der leise Impulse in eine Gesellschaft trägt, die meinem Gefühl nach immer grenzenloser und lauter wird. Eine ihrer Eingebungen hat es mir besonders angetan: bei den Japanern ist es üblich, am Anfang einer Begegnung einfach nur auf der Couch zu sitzen und sich anzuschweigen. Ich lerne auch durch Sylvia, dass die Welt groß ist und das es viele Orte gibt, an denen in Punkto leise Töne die Sonne scheint. Ich achte in ihr den Menschen, der für das brennt, was er in anderen entzünden will. Die Coach-Lady vermittelt mir in unseren Begegnungen und in ihren Beiträgen das Gefühl, eine Meisterin zu sein, die übt. Das empfinde ich als überaus inspirierend und angenehm.
Sylvia Löhken ist die Expertin wenn es darum geht,
aus 1001 Blickwinkeln aufzuzeigen, dass introvertierte und extrovertierte Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben. Sylvia erklärt oft am eigenen Beispiel, dass aus dieser Kenntnis und Annahme gegenseitiges Verstehen entsteht. Das genau dieses anerkenndende Verstehen Basis für ein harmonisches und kooperatives Miteinander ist. Ihr aktuelles Buch heißt:
„Intros und Extros. Wie sie miteinander leben und voneinander profitieren“.
Es zeigt neue Wege zu einem guten Zusammenwirken unterschiedlicher Persönlichkeiten – im Business und anderswo. Sylvia Löhken ist mit ihrem extrovertierten amerikanischen Mann John verheiratet. Das Paar hat einen mittlerweile 15jährigen Sohn, introvertiert wie die Mama. Überaus klug, wie seine Eltern.
Nun zu meinen Fragen:
Frau Dr. Sylvia Löhken: „Warum tun Sie, was Sie tun?“
Sylvia Löhken: oha, diese Frage ist so „groß“: Sie zielt ja auf das, was ich leben will.
Das, was ich leben will, entspricht meinen Persönlichkeitsausprägungen: Ich will viel lernen und erfahren, viel gestalten und voranbringen, dabei am liebsten frei entscheiden. Am liebsten dadurch, dass ich Menschen auf ihrem ganz eigenen Weg begleite. Wenn diese Menschen den Mut zu ihrem ganz eigenen, einzigartigen Leben finden, wenn sie mehr Gelingen in ihrem Reden und Schreiben, ihrem Tun und Verarbeiten sehen, überhaupt, wenn sie tun statt nur darüber zu reden: Dann ist das Gelingen.
Mit dem, was ich tue, wünsche ich mir zweierlei: ein Leben, das mir entspricht und eine Resonanz von anderen. Die Resonanz ist wichtig; es gehört wie die zweite Seite einer Münze zu einem erfüllten Leben. Mit anderen Worten: Das, was ich tue, soll am besten und liebsten mir entsprechen und anderen nützen.
Ganz wichtig: Tun und Nichttun, mit Menschen und allein sein sind dabei verbunden. Der Rückzug und die Ruhe sind sehr wichtig – dort ist die Basis für die Spannung und die Energie des Handelns. Sie wissen, ja, mein Lieblingsthema ist der Unterschied zwischen intro- und extrovertierten Menschen.
Dr. Sylvia Löhken über Intros und Extros
Die beiden Persönlichkeitstypen haben in ihren starken Ausprägungen (wir sind alle Mischungen aus Intro- und Extro-Eigenschaften) sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben. Gerade wir Intros brauchen die Stille, die Abwesenheit von Stimulation, das Alleinsein wie die Luft zum Atmen, in reichlicher Dosis.
Die Art, in der Sie schreiben, lässt mich vermuten, dass Sie diesen Bedarf auch stark spüren?
BiographinIW: Ja, da haben Sie recht und ich bin ganz mit und bei Ihnen. In jedem einzelnen Wort das Sie geschrieben haben, Sylvia. Und was für eine Fügung, das wir es jeder auf unseren Wegen tun.
Die Balance zwischen Tun und Nichttun ist für mich ebenso essenziell wie für Sie. Ich liebe die Stille. Sie unterstützt mich, Kraft zu schöpfen, meine Kreativität zu näheren und mein Leben zu klären. Aber auch dabei, das Sein in seiner ganzen Fülle zu begreifen. Fehlt mir dieser Raum und ich bin nur in der Welt des Tuns aktiv, geht mir die Luft aus. Dann fange ich an zu kränkeln. Das durfte ich gerade wieder einmal erfahren, damit ich mich auf den für mich lebensstärkenden Freiraum zurück besinne. Ihre Anregungen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, beispielsweise die aus Ihrem „Laut-Leise Diwan“ sind mir da inspirierende Wegbegleiter.
In diesem Sinne möchte ich Ihnen nun meine nächste Frage stellen:
„Was ist der Sinn des Lebens für Sie?“
Sylvia Löhken: Ui, wieder eine große Frage! Auch, wenn „Sinn des Lebens“ spaßigerweise schon auf Wikipedia einen eigenen Eintrag hat. 🙂
Ich antworte mit drei großen Wörtern.
Das erste Wort kennen Sie schon von oben: Resonanz. Das bedeutet: „zurückklingen“. Die ganze Welt ist ein wie ein riesiger Orchestergraben, in dem wir unsere ganz eigene, einzigartige Musik machen. Und andere musizieren sozusagen zurück oder mit uns – oder auch gegen uns. Das eigene Leben mit anderen zum Klingen bringen – hört sich das gut an?
BiographinIW: Ich finde ja. Was meinen Sie selbst?
Sylvia Löhken: Ja, als Bild passt das sehr gut – ich wünschte nur, ich wäre musikalischer, sodass ich das auch inhaltlich leben könnte.
Das zweite Wort ist Kontakt. Das bedeutet: „mit Berührung“. Menschen berühren und von ihnen berührt zu werden: Das hört sich für mich sehr nach Lebenssinn an. Das gilt zum einen für die Menschen, denen ich nah bin. Zum anderen erlebe ich immer wieder, wie intensiv auch andere Begegnungen sein können: durch gemeinsame Arbeiten, durch gegenseitiges Hinhören, durch echtes Interesse an Perspektiven, die wir allein gar nicht alle einnehmen können.
Ich kann mir vorstellen, dass der Kontakt für Ihre eigene Arbeit auch ein sinnstiftendes Element ist.
BiographinIW: Absolut. Ein kluger Mensch sagte mal:
„Wir können uns niemals im luftleeren Raum erkennen. Sondern nur in Beziehung zu anderen Menschen.“
Und in Beziehung zu Menschen können wir nur treten, wenn wir Kontakt zu ihnen aufnehmen. Mich selbst zu ergründen und diese Erkenntnisse an Menschen weiter zu geben, ist unter anderem der Sinn meines Hierseins.
Sylvia Löhken: „Das dritte Wort ist Liebe. Es bezeichnet eine tiefe Menschen- und Lebensfreundlichkeit, eine Hinwendung. Ein großer Teil meiner Arbeit besteht in öffentlichem Reden, und mein Arbeitsmotto zum gesprochenen Wort stammt – auch, wenn ich eine kirchenferne Su-chende bin – aus der Bibel, genauer aus dem ersten Korintherbrief, Kapitel 13. Am liebsten ist mir die sprachgewaltige alte Lutherübersetzung , die einen riesigen, für mich sinnbesetzten Anspruch an gute Kommunikation formuliert:
1. Kor. 13, 1
„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.“
BiographinIW: Ein wirklich sinniger Gedanke, der tief wirkt. Mich ins Nachdenken bringt über die Liebe. Diese größte und Wunder bewirkende aller Kräfte, die uns zur Verfügung steht. Niemand hat sie je gesehen und doch kennen wir sie alle, sehnen uns nach ihr und suchen sie überall. Bis zu dem Moment, indem wir sie in unserem eigenen Herzen finden.
BiographinIW: Und ganz in diesem Sinne möchte ich Ihnen meine dritte Frage stellen:
„Wie wollen Sie erinnert werden, Sylvia?“
Sylvia Löhken: Am liebsten so, dass der Sinn meines Lebens – siehe zweite Frage – in allen drei Bereichen offensichtlich geworden ist. Am coolsten wäre es dabei, wenn die Menschen, die ich berühren durfte und mit denen ich in Resonanz stehe, mit viel Liebe zum Leben und über Hindernisse hinweg ihren eigenen Weg gehen, wachsen und im Sinne dieser drei Worte weiterleben. Das wäre so eine Art Erinnerung in Naturalien. 🙂 Nur ganz wenige Menschen bleiben dauerhaft und konkret in Erinnerung. Das Schönste, das wir hinterlassen können, ist die Wirkung, die wir auf nachfolgende Leben und auf die Verläufe haben, die die Dinge nehmen. Oder? Deshalb haben die Chinesen in diesem berühmten Sprichwort ja gesagt, wir sollen ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen. Die drei Bereiche stehen für das, was wir hinterlassen können: für die Schaffensfreude durch Kreativität (Haus), für ein Weiterleben unserer Gene und unserer Vorbildwirkung (Kind) und für das Gestalten einer lebenswerten Zukunft (Baum). Für alle drei können wir Humus sein. Unser Name ist dann vielleicht gar nicht so wichtig, oder?
BiographinIW: Wenn Sie mich so fragen, fällt mir nur ein passender Gedanke ein. Albert Schweitzer formulierte ihn:
„Das einzige was bleibt, wenn wir gegangen sind, sind die Spuren von Liebe, die wir zurück lassen.“
Sie werden sicher, dass ist mein tief empfundenes Gefühl, einst ungezählte Spuren von Liebe auf Mutter Erde zurück lassen. Möge dieser Tag in weiter Ferne liegen. Bleiben Sie bis dahin jung, gesund, zufrieden und glücklich.
Herzlichen Dank für unser wundervolles Gespräch.
Weiterführende Links
Website Dr. Sylvia Löhken
Intros-Extros.com
Der 13. Laut-Leise Diwan ist online: Verbeugen oder knutschen?
Wie wir Intro- und Extro-Kulturen erkennen.
Blog Syliva Löhken – Zwischen Menschen
Serie: Leise Menschen hart am Wind –
tolle Durchsetzungs-Tipps für leise Menschen
im lauten Unternehmens-Alltag„„„„
Ein toller Comic erklärt verständlich den
Unterschied zwischen Extros und Intros (auch hochsensible genannt)
Pingback: Dankbarkeit ist Schlüssel zum Reichtum| Blog BiographinIWBlog von Biographin Irene Wahle
Frau Löhken begegnete ich vor einiger Zeit in einem anderen YouTube-Interview zu ihrem neuesten Buch. Das hatte die gleiche Wirkung wie dieser Beitrag, dieses Buch interessiert mich sehr. Nun gut, ich habe es mir damals gekauft und studiere es immer noch, denn es enthält viele Aufgaben zur Selbstreflexion. Zumindestens habe ich schon festgestellt, dass ich ein Flex-Intro bin, und gelernt, welche Situationen ich besser vermeide oder wie ich schonender mit mir umgehe. Das zeigt allmählich Wirkung. Ich ruhe wieder mehr in mir selbst 🙂
Liebe Frau Kuttig,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Reflexionen. Ich kann Ihnen nur beipflichten, die Begegnung über Lektüre und youtube Videos hat auch in mir einiges geklärt. Und Klarheit geschaffen. Mich wieder mir selbst näher gebracht und das eine oder andere „Aha“ Erlebnis verschafft.
Gute Grüße
BiographinIW