Lebenserinnerungen aufschreiben lassen und Archive nutzen

Erinnerungen an unvergessliche Momente, beispielsweise von unseren Reisen, sind im Erleben und einige Zeit danach so präsent, dass wir sie vor unserem geistigen Auge malen könnten. Doch irgendwann holt uns der Alltag ein. Das Erlebte, gerade noch gefühlt und genossen, verschwindet in den Weiten unseres Unbewussten. Wie schade!
Muss das so sein? Oder welcher Stütze können wir uns bedienen, um eine Erinnerung auf viele Jahre später, zu verdichten. Eine Möglichkeit dafür bietet ein Tagebuch, in diesem Falle ein Reisetagebuch. In ihm können Erinnerungen in Form von Notizen, Bildern, Eintrittskarten, Zeichnungen o.ä. Wenn wir uns an diese oder jene Reise erinnern wollen, dann schlagen wir einfach dieses Buch auf und …

Lebenserinnerungen, Foto Irene Wahlesind mitten drin in unseren Lebenserinnerungen.

Notizen und Bilder helfen uns auf die Sprünge, um die Puzzelsteine des Erlebten wieder zu einem Ganzen zusammen zu setzen. Heute möchte ich Sie einmal mit Unterstützung meiner eigenen Reisetagebücher inspirieren. Berichten möchte ich heute von einer besonderen Reise in eine Stadt, die mir wie Heimat ist: Salzburg. Und alles begann so:

„Im Herbst vor einigen Jahren lud mich eine Geschäftsfrau mit der ich vernetzt bin, zu einer Neueröffnung ihres Unternehmens nach Salzburg ein. Die Firma widmet sich der Beratung, der Aus- und Weiterbildung im Bereich Informationstechnologie (IT), sowie Personal- und Organisationsentwicklung (POE). Eine ihrer Außenstellen ist in einem Gebäude, nahe dem Zentrum, das in seiner futuristischen Gestaltung wie ein Juwel aus der überwiegend barocken Baukunst Salzburgs herausstrahlt. Lichte, hohe Räumen empfangen den Gast und öffnen den Geist, lassen ihn fließen. Die Architektur und das die Atmosphäre bilden den optimalen Rahmen für Unternehmer, Geschäftsleiter, EDV-Leiter, Ausbildungs- und Personalleiter, die sich Wissen im IT – High – Level Bereich aneignen und bescheinigen lassen wollen.“

Während ich in meinem Tagebuch nach Lebenserinnerungen suche,

spüre ich, wie das Geschehen in meinem Kopfkino wieder Gestalt annimmt. Ich kann förmlich den Duft der vielen Blumensträuße riechen, die die vielen geladenen Gäste mitgebracht haben. Höre wieder, wie der Geschäftsführer in exklusiver Atmosphäre mit einer sachlichen Rede, die emotional angereichert ist, über über Vision, Motivation und Entwicklungen der Firma spricht. Dann lese ich wieder in meinem Tagebuch:

„Kulturbeiträge und Glückwunsche der Gäste folgten. Nachdem dieser Part abgeschlossen ist, wird das kalte Bufett eröffnet. Eine Weide für die Augen, diese vielen unterschiedlichen Häppchen die wie kostbare Juwelen dekoriert sind. Exzellente Basis für interessante Gespräche und Kontaktanbahnungen.“

Obwohl mittlerweile Jahre vergangen sind, steht mir diese Reise überdeutlich vor Augen und ist fester Bestandteil meiner Lebenserinnerungen geworden. Und das aus zwei Gründen. Einerseits ob dieses interessanten Geschäftsbesuches und andererseits weil Salzburg eine meiner Lieblingsstädte ist. Das Flair dieser Stadt einzuatmen, durch die Straßen und Gassen der Altstadt zu flanieren ist einfach immer wieder wohltuend. Es nimmt mir immer wieder den Atem von einem Gipfel über das weite Land zu schauen, hinunter in die Altstadt oder hinüber zur 1000 Jahre zählenden Salzburg zu schauen.  Oder oben auf dem Berge einen Kaffee zu trinken  und später in dem dahinter befindlichen Museum für moderne Kunst Ausstellungen vom Feinsten zu genießen.

Eine Metropole, in der sich Mittelalter, klassische Musik und die Moderne

auf unnachahmliche Weise berühren. Seit über eintausend Jahren entfaltet sich das mondäne Salzburg, eine Perle an der Salzach, vor der Kulisse der Alpen und eines Berges, den der Dalai Lama bei seinem Besuch als heilig empfand. Die Bürger dieser Stadt sind von jeher gute Kaufleute, die es mit Salz, dem Gold des Mittelalters zu großem Reichtum brachten. Salz war das Konservierungsmittel jener Tage, in denen die Elektrizität noch ungefunden war. Mit Salz konnten Lebensmittel über lange Zeiträume erhalten bleben. Einen Teil ihres Reichtums gaben der Adel und die Kaufleute wieder an ihre Stadt zurück. Die Hohensalzburg, einstiger Sitz der Fürstbischöfe,  bot in ihrer langen Geschichte immer wieder dem Theater und der Musik Raum. Salzburg ist Mozarts Heimat, auch wenn er als Prophet im eigenen Lande und Genie der Musikgeschichte erst späten Ruhm erfuhr.

Die Geschichte nahm ihren Lauf, genau wie der technische Fortschritt. Die Stadt verlor an Bedeutung, der verlorene erste Weltkrieg tat sein übrigens und so hüllte sich Salzburg fast in einen Dornröschenschlaf was die Sichtbarkeit in der Welt anbelangt. Das änderte sich 1920 als drei Künstler eine Idee hatten: Sie erfanden die „Salzburger Festspiele.“ Diese Herren waren der Schauspieler Max Reinhardt, der seine Karriere am hiesigen Stadttheater begonnen hatte, der Autor Hugo von Hoffmannsthal und der Komponist Richard Strauß. Über neunzig Jahre später gelten sie,  die alljährlich von Juli bis August Menschen aus aller Welt mit klassischer Musik und den darstellenden Künsten erfreuen, weltweit als größte Festspiele dieses Genres. 250.000 Liebhaber der schönen Künste reisen alljährlich an, um in den mehr als 200 Veranstaltungen einzigartige Augenblicke zu verbringen.

Lebenserinnerungen, Biographin Irene Wahle

Salzburger Dom. Foto Tourismuszentrale Salzburg

Ein Magnet der Stadt und der Salzburger Festpiele ist der barocke Salzburger Dom, vor dem seit Anbeginn der „Jedermann“ aufgeführt wird. Ein Stück in Anmutung des „Memento Mori“, das die Zuschauer jedes Jahr von neuem daran erinnert, dass

„der Tod groß und in uns ist, uns weinen lässt, während wir uns mitten im Leben meinen.“

wie es der großes Poet des Todes R. Maria Rilke erfuhr.

Der Dom besitzt fünf Orgeln.

Wenige Male im Jahr erklingen sie zusammen. Einen Herzenswunsch hegte ich seit Langem: diese Diven unter den Musikinstrumenten einmal gemeinsam musizieren zu hören. Während dieses Besuches erfüllte sich dieser Wunsch. Und so lese ich in meinem Tagebuch über dieses Erlebnis:

„Abendstille. 

Die Sonne versinkt langsam hinter dem Horizont, wirft ihr mildes Licht auf Türe und Tore. Noch ein weniglich warten, dann öffnen sie sich  schwer und geräuschvoll. Die Gäste beginnen hin zu strömen und durchschreiten gleichzeitig ehrfurchtsvoll mit  verhaltenenen Schitten den weiten Kirchenraum. Demutsvolle Stille herrscht und in ihr finden die Menschen ihren Platz. Nur leises Klackern von hohen Absätzen auf steinernem Boden ist zu hören. Leises hüsteln und sanftes rascheln. Blitzlicht reflektiert sich in der wie schwebend wirkenden, mit farbigen opulenten Gemälden geschmückten Kumpel. Irritiert die Heiligen, die huldvoll aus ihren Kunstwerken auf uns herabblicken. Gehauchte Wortfetzen fegen gleich einer leichten Sommerbrise von links nach rechts. Jemand schiebt sich ganz achtsam durch die Bänke und ein ganz leises rascheln von mit Mänteln und Taschen verhallt in der Weite des Ortes.

Ruhe kehrt ein.

Fünf Organisten durchschreiten fast geräuschlos die Kathedrale. Zwei von ihnen tragen dunkelbraune Mönchskutten.  Teilen sich auf und streben sternförmig in ihre Richtungen und erklimmen über Stufen ihren Platz. Eine Mönch sitzt an der großen Hauptorgel über dem Eingangsportal und vier Männer an den etwas kleineren Orgeln.
Letztes räuspern durchbricht die Stille. 
Ein Organistist beginnt sein Spiel, die ersten Töne erfüllen den Raum. Sanft gesellt sich die zweite Orgel dazu. Dann die dritte. Dann die vierte. Dann die fünfte.
Töne fliegen durch den Raum. Erst ganz zaghaft, dann immer raumgreifender und kraftvoller.

Die Orgeln wechseln sich ab. Beginnen miteinander zu kommunizieren. So als ob sie uns, die Zuhörenden, daran gewöhnen wollten, gemeinsam mit ihnen in ihrer monumentalen Urkraft aufzugehen.
Es ist seltsam, moderne Stücke aus alterwürdigen Orgeln inmitten eines barocken Domes zu hören.  Die Musik erfüllt mittlerweile den ganzen Dom. Töne reißen mich mit, sowohl in ihrer anfänglichen zarten Gewandtheit als auch in ihrer darauf folgenden brachialen Präsenz.
In mir ist das Gefühl, die Töne in denen sich das Göttliche für mich offenbart, fließen und stürmen durch mich hindurch.
Die Kraft, die mittlerweile jenseits von Zeit und Raum spürbar ist, ist so immens, dass ich das Konzert nur noch mit geschlossenen Augen ertragen kann. Ich fürchte, wenn ich meine Augen öffne, werde ich von der Energie der Musik und meinen  immer gigantischer werdenden visuellen Eindrücken in Stücke gerissen …

Seele schaut nach innen,

verströmt sich, konzentriert sich im Wesenskern, fließt in Harmonie mit allem was ist, schaltet mein Denken aus und hebt mich in himmlischen Sphären.
Die Orgeln steigern sich währenddessen immer weiter. Die Königinnen der Musikinstrumente wetteifern miteinander, um sich dann wieder zurück zu nehmen und für Sekunden inne zu halten. Momente der Stille, in denen ich meine Augen öffne und ganz gewahr im Jetzt bin. Die Zeit steht sill. Ich bin ein Teil der Ewigkeit und in diese mischt sich das Licht des Abends in gleißend schillernden Farben der bleiverglasten Fenster.
Die fünf Königinnen nehmen ihr Spiel wieder auf, verfallen in jubilierendes Schluchsen und leidvolle Huld.
Es ist Musik modern und es ist doch ein Gebet, die in den Dialog mit der Schöpfung tritt. 
Ich fühle mich berührt, gesegnet und eins mit allem, was ist.

Dann ist alles zu Ende

Die Orgeln schweigen.
Menschen verharren in bewegungsloser Lautlosigkeit.
Sie sitzen in sich gekehrt in berührter Ergriffenheit.
Der Dom ist erfüllt von hauchzarter Göttlichkeit.

Minutenlang.
Dann.
Donnernder Applaus in stehenden Ovationen.“

Und jetzte sitze ich hier im Jahr 2015 und habe doch das Gefühl, ich sitze ergriffen auf meiner Kirchenbank. Ich erinnere mich daran, dass mir damals  für Stunden die Muße fehlte auch nur ein Wort von mir zu geben.  Ich wollte noch eine Weile im Himmel weilen und in dieser Stimmung baden.

Also, verehrte LesesInnen,

Machen Sie sich Notizen, schreiben Sie Gedankensplitter auf und sammeln Sie Dokumente. Holen Sie sie hervor, wie kostbare Juwelen und  erfreuen sich dann besonderer Augenblicke, die Ihr Leben reich machen. Oder es kommt der Tag, wo Sie Ihre Lebenserinnerungen aufschreiben lassen wollen.  Ein Präsent für Sie und für Generationen.

Viel Freude und Erfolg dabei.

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Irene Wahle ist seit 2004 freiberuflich als Biographin im deutschsprachigen Raum tätig. Sie schreibt und produziert in Kooperation mit ausgewählten Netzwerkpartnern kostbar gestaltete Biographien, Lebens-Zwischen-Bilanzen und Firmenchroniken. 2008 wurde sie für die von ihr geschriebenen Lebenserinnerungen: „Kandelaber-Heckmann “ mit dem 1. „Deutschen Biographiepreis“ ausgezeichnet. BiographinIW ist als Expertin für Lebens – und Unternehmensbücher ins „Netzwerk der Besten | Großer Preis des Mittelstands“ aufgenommen worden. Mit ihrer Arbeit setzt sich Irene Wahle dafür ein, Leben zu klären, Erinnerungen als wichtigen Bestandteil unserer Kulturgeschichte zu bewahren, Lebensleistungen zu würdigen und Visionen zu entwickeln. Tel. +49 381 68 63 874 biographie[at]irene-wahle.de

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