Abschied gestalten

Aus dem Tagebuch einer Abschiedsgestalterin

„Die Wünsche meiner Kunden“

Kunden, die meine Begleitung wünschen, kommen meistens zu Lebzeiten oder, wenn sie sich oder ihre Angehörigen, in einer schweren Lebensphase befinden auf mich zu. Zusammen definieren wir Vorstellungen für die letzte Feier. Aus der persönlichen Lebensgeschichte eines Menschen, meinen Inspirationen und den Wünschen meiner Kunden entwickelt sich dann im kooperativen Miteinander die persönliche Abschiedsfeier, in Worten, der Raumgestaltung an besonderen Orten und die künstlerischen Einlagen.

Aus diesen Komponenten entwickelt sich eine Abschiedsfeier, die letztmalig Geist und Persönlichkeit eines Menschen reflektiert. Die Wünsche meiner Kunden sind oft ganz unterschiedlicher Natur: Heike wollte ihrer Großmutter ein letztes glanzvolles Fest schenken. Sie sagte: „Es soll eine Abschiedfeier sein, in der wir uns für die unbegrenzte Liebe unserer Oma bedanken können und die feierlich und würdevoll ist“, wie die junge Frau sagte, die während der Sterbephase der Großmutter auf mich zukam.

Ein 86-Jähriger Pensionist fand aus anderer Motivation zu der Abschiedsgestalterin. Sein Wunsch lautete: „Ich will jetzt meine Abschiedsfeier organisieren, weil ich möchte, dass es ein besonderes, mein Leben krönendes Fest wird. Ich war zeitlebens ein Glückspilz, schaue auf ein erfülltes Leben zurück und genieße jeden Tag, jede Stunde und jede Minute meines Hier Seins. Genauso einmalig wie mein Leben soll auch meine Abschiedsfeier sein.“

„Hätte meine Oma das erleben können, sie hätte geweint vor Rührung“

Auch wenn ich mittlerweile um die Wirkung eines persönlich gestalteten Abschiedfestes weiß, bin stets wieder gerührt, wenn mich Feedback wie das von Heike M. erreicht: „Frau Wahle ist mehr als eine Abschiedsgestalterin im herkömmlichen Sinn. Sie hat die Gabe, aus dem Abschiednehmen ein heilsames Fest des Scheidens zu zaubern. Sie kleidet das Einmalige in den Menschen in tröstende Worte, bringt sich mit hohem Zeitaufwand, Kompetenz und extremen Herzblut ein.

Auf diese Weise wird die Abschiedsfeier zu einem Erlebnis, bei der die Liebe und die starke Bindung zum Verstorbenen auf wundersame Weise die ganze Feierlichkeit durchzieht. Hätte meine Oma das erleben können, sie hätte geweint vor Rührung. Mir gibt das Abschiedsfest für meine Großmutter das Gefühl, das Schönste und Beste für sie getan zu haben und hilft mir noch nach zwei Jahren meine Trauer zu bewältigen. Ich weiß Abschied ist in erster Linie Schmerz und es schmerzt noch immer sehr. Aber auch dank Irene Wahle ist es zu einem der schönsten Erlebnisse in meinem Leben geworden.“

Die großen und kleinen Abschiede des Lebens

Begegnungen mit Betroffenen und Hinterbliebenen sind für mich stets Begegnungen mit mir selbst und deshalb bin ich bemüht, so soviel Nähe als möglich zu geben und mit den Betroffenen oder den Hinterbliebenen gemeinsam durch die leidvollen Augenblicke des Abschieds zu gehen. Getragen werde ich dabei von meinem Mitgefühl, meinen biographischen Einsichten und meinen langjährigen Erfahrungen. Aber auch von meiner stetigen Reflexion des Erlebten und der damit verbunden Klärung.

Die großen und kleinen Abschiede sind für mich wichtiger Bestandteil meines Lebens, die trotz all meiner Erkenntnisse mit Schmerz, manchmal mit dem Gefühl, selbst zu sterben oder zumindest Wehmut verbunden sind. Schmerz ist für mich eine Seite der Medaille Leben. Auf den Avers der Münze schreibt das Leben die glücklichen, glanzvollen Momente, die mich in die Höhen meines Selbst tragen während sich auf dem Revers die leidvollen Augenblicke sammeln, die mich oftmals in die Tiefen meines Selbst zogen haben. Letztlich aber bringt mich das Glück und das Leid mir selbst nah, lehrt mich immer wieder loszulassen, mich selbst zu erkennen und dankbar jeden neuen Tag zu begrüßen, den ich hier auf Mutter Erde weilen darf.

„Den Horizont eines Tabuthemas öffnen“

Mit meiner Arbeit möchte ich dazu beitragen, den Horizont eines Tabus zu öffnen, dabei Menschen in ihrer Einmaligkeit wertschätzend gedenken und ihnen für ihr Dasein danken. Außerdem möchte ich die Menschen unterstützen, für ihr Lebensende vorzusorgen und Unsicherheit in dieser Thematik in Vertrauen zu verwandeln.

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